Appetit schneller bremsen im Gehirn

Samstag 4-November-2017

Denken Sie bei Appetit und Sättigung nur an Ghrelin und Leptin? Dann können Ihnen die Forscher der University of Warwick (GB) mit einer Überraschung aufwarten: Sie haben herausgefunden, dass zwei spezifische Aminosäuren den Appetit besonders schnell bremsen können.

 

Aminosäuren sind mehr als nur Grundbausteine unserer Proteine. Auch für sich genommen zeigen sie interessante Eigenschaften. So fand die University of Warwick (GB) beispielsweise heraus, dass L-Lysin und L-Arginin den Appetit besonders schnell hemmen. Dies schafft vielleicht neue Möglichkeiten zur Kontrolle von Übergewicht über die Nahrung.

 

Tanycyten und Appetit

Die Forscher brachten ein Konzentrat von L-Arginin und L-Lysin in die Gehirnzellen von Mäusen ein. Mithilfe von Fluoreszenz und einem Mikroskop ließen sich die chemischen Reaktionen sichtbar machen, die daraufhin stattfanden. Nach etwa dreißig Sekunden begannen offenbar als Tanycyten bezeichnete Gehirnzellen, Signale an den Teil des Gehirns zu senden, der für den Appetit verantwortlich ist.

 

Tanycyten sind Gehirnzellen (Glia), die den dritten Ventrikel umgeben und Ausläufer bis zum Hypothalamus besitzen. Neuere Studien hatten bereits gezeigt, dass Tanyzyten im Hypothalamus das Gewicht und die Stoffwechselaktivität von Mäusen beeinflussen können [2].

 

Obwohl vor allem L-Lysin und L-Arginin detektiert wurden, reagierten die Tanycyten auch auf andere Aminosäuren. Diese wirken durch denselben Mechanismus und können daher auch den Appetit bremsen. Ihre Wirkung ist jedoch offenbar weniger ausgeprägt.

 

Umami-Geschmacksknospen

Die Forscher entdeckten, dass bereits vom Mund aus Informationen über Aminosäuren an die Tanycyten gesendet werden. Dies erfolgt über die Umami-Geschmacksknospen. Vom Darm aus gelangen die Aminosäuren dann ins Blut und ins Gehirn. So kommen sie in direkten Kontakt mit den Tanycyten.

 

„Dass wir herausgefunden haben, dass Tanycyten Aminosäuren detektieren können, hilft uns, neue Methoden zur Kontrolle von Übergewicht zu entwickeln“, erklären die Forscher.

 

Einfache Ernährungsintervention

Hohe Konzentrationen an L-Lysin und L-Arginin sind in Schweinefleisch und Rindfleisch enthalten, aber rotes Fleisch hat auch viele Nachteile. Glücklicherweise kommen beide aber auch in Hühnern, Makrelen, Pflaumen, Aprikosen, Avocados und Mandeln vor. In viel geringerem Maße sind diese Aminosäuren in Getreideproteinen enthalten, was das Ausbleiben des Sättigungsgefühls bei verarbeiteten Lebensmitteln erklären könnte. Eine andere Erklärung lautet, dass Gluten die Bindung von Leptin an seinen Rezeptor hemmt. Dabei muss das eine das andere natürlich nicht ausschließen.

 

Die (urzeitliche) Ernährung kann sehr einfach so modifiziert werden, dass mehr von den obengenannten Lebensmitteln enthalten sind, um den appetitmindernden Effekt optimal auszunutzen. Bei Bedarf können durch Supplementierung eines hochwertigen Proteinpulvers (zum Beispiel Reisprotein) einfach und schnell höhere Dosierungen erreicht werden.

 

Weitere Anwendungen

L-Lysin wird In der orthomolekularen Praxis übrigens auch in einem ganz anderen Zusammenhang verwendet: als Mittel gegen virale Infekte [3]. Insbesondere Herpesinfektionen, zum Beispiel Fieberbläschen (Herpes simplex) oder Gürtelrose (Herpes zoster) können mit L-Lysin wirksam behandelt werden.

 

Weiterhin wird die Kombination aus L-Arginin und L-Lysin oft verwendet, um die physische Erholung nach hohen Beanspruchungen zu verbessern. Außerdem unterstützt die Kombination den körpereigenen Regenerationsprozess, sodass die optimale Funktion des Immunsystems erhalten bleibt.

 

Literatur

[1] Greta Lazutkaite et al., Amino acid sensing in hypothalamic tanycytes via umami taste receptors, Molecular Metabolism, Published online: September 13, 2017

[2] Daniel A. Lee et al.,  Tanycytes of the Hypothalamic Median Eminence Form a Diet-Responsive Neurogenic Niche, Nat Neurosci. 2012 May; 15(5): 700–702.

[3] http://naturafoundation.co.uk/monografie/L-Lysine.html

[4] http://naturafoundation.co.uk/monografie/L-Arginine_en_L-Ornithine.html